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Guthaben und Loyalty-Treuepunkte sind gängige Instrumente im E-Commerce, um den Umsatz zu steigern und die Kundenbindung zu fördern. Aus rechtlicher und buchhalterischer Sicht schaffen diese Instrumente Verpflichtungen für den Anbieter, da Kunden in der Zukunft Waren oder Rabatte einfordern können – das Unternehmen schuldet somit eine zukünftige Leistung. Dies hat erhebliche bilanzielle Auswirkungen – hauptsächlich in der Erfassung von Verbindlichkeiten (als abgegrenzte Umsatzerlöse oder Rückstellungen) bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Guthaben oder Punkte eingelöst werden. Im Folgenden wird analysiert, wie verschiedene Jurisdiktionen mit diesen Fragestellungen umgehen, welche Rechnungslegungsstandards (IFRS vs. U.S. GAAP) angewendet werden, welche steuerlichen und regulatorischen Überlegungen (z.B. Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer) zu beachten sind, und es werden praxisnahe Fallstudien und Referenzen präsentiert.
1. Jurisdiktionelle Analyse
Vereinigte Staaten (USA) – GAAP, ASC 606 und Steuervorschriften
Rechnungslegung (GAAP/ASC 606):
Die U.S. GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) behandeln Treuepunkte und Guthaben vor allem über ASC 606 (Revenue from Contracts with Customers). Gemäß ASC 606 schaffen Treuepunkte oder Guthaben, die einem Kunden gewährt werden, ein „wesentliches Recht“ – also eine separate Leistungspflicht zur Erbringung von Waren oder Dienstleistungen zu einem späteren Zeitpunkt. Das bedeutet, dass ein Teil des ursprünglichen Umsatzerlöses als Verbindlichkeit (ungewährte Erlöse) zurückgestellt werden muss, entsprechend dem Einzelverkaufspreis der Punkte/Guthaben, anstatt den gesamten Betrag sofort zu erfassen. Der Umsatz wird dann erst bei Einlösung oder Ablauf der Punkte bzw. Guthaben realisiert. Vor der Einführung von ASC 606 variierten die US-Praktiken: Einige Unternehmen erfassten den vollen Umsatz sofort und bildeten Rückstellungen für zukünftige Kosten, während andere einen Teil des Umsatzes abgrenzten (das sogenannte „Multiple-Element Model“). ASC 606 verbietet mittlerweile die Kosten-Abgrenzungsmethode und schreibt die Rückstellung des Umsatzes (zur Erfüllung der Leistungspflicht) vor. Nicht eingelöste Punkte, von denen erwartet wird, dass sie nie verwendet werden („Breakage“), werden anteilig entsprechend der tatsächlichen Einlösungen als Umsatz erfasst. Ähnlich werden bei Geschenkkarten (store credits) diese als Verbindlichkeit in der Bilanz erfasst, wenn sie verkauft bzw. ausgegeben werden, und erst bei Einlösung als Umsatz verbucht. Diese Behandlung entspricht dem rechtlichen Grundsatz, dass bis zur Erfüllung der Verpflichtung (Bereitstellung der Waren/Dienstleistungen) die Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden besteht.
Steuerliche Behandlung:
Auf Bundesebene führt der Verkauf einer Geschenkkarte oder die Ausgabe von Guthaben in der Regel nicht zu sofortigem steuerpflichtigem Einkommen, sofern das Unternehmen diesen Betrag auch in der Buchhaltung abgrenzt – der IRS erlaubt unter bestimmten Bedingungen die Abgrenzung von Vorauszahlungen (gemäß IRC §451(c) und Rev. Proc. 2011-18, 2013-29) für Unternehmen, die auf Basis der Periodenabgrenzung bilanzieren. Neuere IRS-Vorschriften im Rahmen der Steuerreform von 2017 bestätigen, dass, wenn ein Teil des Verkaufserlöses den Treuepunkten zugeordnet wird (und in den Büchern abgegrenzt wird), dieser Teil auch steuerlich aufgeschoben werden kann, bis die Punkte eingelöst werden (oder im folgenden Jahr, in Übereinstimmung mit den Aufschubgrenzen). (Eine Ausnahme: Bei Kreditkartenprämien, die von Finanzinstituten vergeben werden, werden diese als Rabatte behandelt und nicht der gleichen Aufschubregelung unterworfen.) Dies verhindert ein Missverhältnis, bei dem ein Unternehmen Steuern auf einen Umsatz entrichten müsste, den es noch gar nicht realisiert oder erhalten hat. Darüber hinaus behandeln US-Bundesstaaten in ihren „Unclaimed Property Laws“ (nicht abgeholte Vermögenswerte) nicht eingelöste Guthaben als potenzielles Eigentum des Staates – nach einer festgelegten Stilllegungsfrist muss der Betrag an den Staat abgeführt werden. Beispielsweise erklärte Starbucks, dass Breakage-Einkünfte aus Geschenkkarten erst dann als Umsatz erfasst werden, wenn die Wahrscheinlichkeit der Einlösung als gering angesehen wird (und sofern keine Verpflichtung besteht, den Restbetrag an den Staat abzuführen). Diese rechtliche Anforderung beeinflusst, wann ein Unternehmen den nicht eingelösten Guthabenbetrag als Umsatz erfassen kann.
Rechtsprechung:
Direkte Gerichtsentscheidungen zu Treuepunkt-Bilanzierung sind in den USA selten, da diese Fragestellungen hauptsächlich durch Rechnungslegungsstandards geregelt werden. Es gibt jedoch spezifische gesetzliche Anforderungen für Geschenkkarten bzw. Guthaben (z.B. der Credit CARD Act und diverse Staatsgesetze, die Mindestlaufzeiten und Gebührenregelungen für Geschenkkarten vorschreiben, meist mindestens fünf Jahre Gültigkeit). Treuepunkte, die als kostenlose Werbemaßnahme vergeben werden, fallen dagegen häufig nicht unter diese Regelungen – Unternehmen legen daher eigenständig Ablauffristen fest. Es kam zu Rechtsstreitigkeiten und behördlichen Maßnahmen hinsichtlich nicht eingelöster Guthaben – etwa, wenn US-Bundesstaaten Einzelhändler verklagten, die nicht ordnungsgemäß die nicht eingelösten Guthaben als nicht abgeholtes Vermögen verbuchten. Insgesamt müssen US-E-Commerce-Unternehmen ASC 606 für die Buchhaltung, IRS-Regeln für die steuerliche Erfassung sowie Verbraucherschutz- und Unclaimed Property-Vorschriften im Blick behalten.
Vereinigtes Königreich (UK) – IFRS 15, HMRC-Richtlinien und rechtliche Implikationen
Rechnungslegung (IFRS/UK GAAP):
Im Vereinigten Königreich verwenden börsennotierte und große Unternehmen in der Regel IFRS (International Financial Reporting Standards), speziell IFRS 15 „Revenue from Contracts with Customers“, der im Wesentlichen mit ASC 606 harmonisiert wurde. IFRS 15 behandelt Treuepunkte bzw. Gutscheine, die im Rahmen eines Verkaufs ausgegeben werden, als separate Leistungspflicht, wenn sie dem Kunden ein wesentliches Zusatzrecht für einen zukünftigen Rabatt einräumen. Diese Thematik wurde zuvor durch IFRIC 13 (eine Interpretation unter IAS 18) behandelt, die ebenfalls verlangte, dass ein Teil des Umsatzes abgegrenzt wird – für den Wert der Treueprämien. Somit wird im UK der Abgrenzungsansatz verwendet: Ein Teil des ursprünglichen Umsatzes wird den Treuepunkten zugeordnet und als Vertragsschuld (abgegrenzter Umsatz) in der Bilanz ausgewiesen. Der Umsatz wird erst dann realisiert, wenn die Punkte eingelöst oder abgelaufen sind. Kleinere Unternehmen, die UK GAAP (FRS 102) anwenden, behandeln Treuepunkte grundsätzlich ähnlich – es wird eine Verbindlichkeit für „Kundenloyalitätsprämien“ ausgewiesen, um die Pflicht angemessen darzustellen. Große Einzelhändler und Online-Händler im UK (z.B. Tesco mit seiner Clubcard oder Onlinehändler, die Gutschein-Codes verwenden) führen die ausstehenden Punkte/Guthaben als Verbindlichkeiten in ihren Finanzberichten, oft mit dem Vermerk „abgegrenzter Umsatz“ in den Erläuterungen.
HMRC- und Mehrwertsteuer-Richtlinien:
Steuerlich betrachtet folgen die britischen Regelungen den allgemeinen Grundsätzen der Umsatzsteuer (VAT) und der Körperschaftsteuer. Bei der Mehrwertsteuer (VAT) gilt, dass beim Einlösen von Treuepunkten oder Gutscheinen die Umsatzsteuer nur auf die tatsächlich gezahlte Gegenleistung (falls vorhanden) anfällt. Wird ein Gutschein oder Punkte vollständig zur Deckung eines Einkaufs verwendet, kann der Vorgang als Rabatt gewertet werden, sodass lediglich auf den reduzierten Nettopreis Umsatzsteuer anfällt. Die HMRC-Veröffentlichung „VAT Notice 700/7 – Business Promotions“ erläutert etwa, dass wenn Punkte in einen Geldwert-Gutschein umgewandelt werden und dieser dann beim Kauf eingesetzt wird, die Mehrwertsteuer nur auf den Barzahlungsanteil des Einkaufs erhoben wird. Somit wirken Treuepunkte, die der Händler gewährt, wie ein Rabatt auf den zukünftigen Einkauf, sodass der anfängliche Verkauf voll besteuert wird, aber der tatsächliche Verkaufspreis um die zu erfüllende Verpflichtung reduziert wird. Bei Programmen, bei denen ein Drittanbieter involviert ist oder der Betreiber der Treueprogramme dem Händler den Wert erstattet, kann die Mehrwertsteuerbehandlung komplexer werden (siehe auch die unten aufgeführten rechtlichen Streitfälle).
Für die Körperschaftsteuer im UK folgen Unternehmen in der Regel den Periodenabgrenzungs- und Matching-Prinzipien, wie sie auch in der Rechnungslegung angewendet werden. Das bedeutet, wenn der Umsatz in den Büchern für Treuepunkte abgegrenzt wird, basiert der zu versteuernde Gewinn auf dem erkannten Umsatz. Es gibt keine spezifische gesetzliche Vorschrift, die Treuepunkte gesondert regelt – die allgemeine Regel lautet, dass der zu versteuernde Gewinn mit dem buchhalterisch ausgewiesenen Gewinn beginnt. Die HMRC kann jedoch die Abgrenzung des Umsatzes für nicht eingelöste Guthaben zulassen, sofern die Buchhaltung mit den geltenden Standards (GAAP/IFRS) übereinstimmt. Die Verbindlichkeit aus den Punkten reduziert somit den aktuell zu versteuernden Gewinn, und bei Einlösung wird der Umsatz im entsprechenden Zeitraum realisiert. Der Schlüssel liegt darin, dass die Kosten der Erfüllung der Punkte und die Auflösung der Verbindlichkeit im gleichen Zeitraum in der Buchhaltung und in der Steuererklärung erfolgen – eine zeitliche Abstimmung, die Mismatch vermeiden soll. Die HMRC hat in Einzelfällen bestimmte Regelungen angefochten, dies betraf aber vor allem Mehrwertsteuerfragen oder die genaue Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses.
Rechtliche Implikationen und Präzedenzfälle:
Im UK gab es Rechtsstreitigkeiten, die insbesondere die Mehrwertsteuerbehandlung von Treueprogrammen betrafen. Ein bekanntes Beispiel ist der Fall der Tesco Clubcard, in dem die Frage erörtert wurde, ob von Tesco ausgegebene Gutscheine Bestandteil der ursprünglichen Verkaufsgegenleistung oder separate Transaktionen seien. Das Berufungsgericht entschied, dass die von Tesco an Kunden ausgegebenen Gutscheine kein separates Entgelt darstellen – sie sind vielmehr eine Loyalitätsprämie und stellen keinen zusätzlichen Verkauf dar. Ein weiteres Beispiel ist der Fall „Marriott Rewards vs. HMRC (2018)“, in dem es um das Treueprogramm eines Hotelkonzerns ging: Kunden können ihre Punkte bei teilnehmenden Hotels einlösen, und ein Treueprogramm-Tochterunternehmen erstattet den Hotels für kostenfreie Aufenthalte. Die rechtliche Frage war, ob diese Zahlungen (für die Mehrwertsteuer) als Entgelt für eine Dienstleistung des Hotels an Marriott zu qualifizieren seien (was Marriott den Vorsteuerabzug ermöglichen würde) oder als Drittfrachtleistung im Auftrag des Kunden – was eine Einmalbehandlung als Preisnachlass zur Folge hätte. Das UK Upper Tribunal entschied, dass diese Zahlungen nicht als Drittleistungsentgelt für den Kundenaufenthalt zu verstehen seien – vielmehr stellte das Hotel einen Service an Marriott bereit, was einen möglichen Vorsteuerabzug ermöglichte. Dies verdeutlicht, dass obwohl die Buchhaltung Treuepunkte einheitlich als abgegrenzter Umsatz darstellt, die Mehrwertsteuergesetze den Zahlungsfluss je nach Auslegung unterschiedlich behandeln können. Bei reinen Inhouse-Treueprogrammen (bei denen die Punkte nur beim eigenen Händler einlösbar sind) gestaltet sich die Behandlung einfacher, indem die Punkte als Rabatt auf zukünftige Verkäufe gewertet werden.
Abgesehen von steuerlichen Fragestellungen regelt das britische Verbraucherschutzrecht die Gültigkeit und Bedingungen von Treuepunkten nur begrenzt – in der Regel handelt es sich um vertragliche Bestimmungen, wobei das Gesetz zu unfairen Vertragsbedingungen verlangt, dass etwaige Ablauffristen transparent und angemessen kommuniziert werden. Geschenkkarten im UK dürfen – sofern klar ausgewiesen – ablaufen, im Gegensatz zu einigen US-Bundesstaaten, in denen kurze Laufzeiten untersagt sind.
Deutschland – HGB (Deutscher Rechnungslegungsstandard), IFRS und Steuervorschriften
Rechnungslegung nach HGB:
Deutsche Unternehmen führen häufig zwei Rechnungslegungssysteme – eines nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) für die handelsrechtliche Berichterstattung und ein IFRS-System für Konzernabschlüsse (bei börsennotierten Unternehmen oder Konzernbeteiligungen). Nach HGB führt die Ausgabe von Treuepunkten oder Rabattgutscheinen zu einer Verpflichtung, die üblicherweise als Rückstellung oder abgegrenzter Ertrag erfasst wird. Die deutsche Rechnungslegung ist konservativ: Liegt bereits bei der Transaktion eine Verpflichtung vor, weil zukünftige Leistungen erbracht werden müssen (hier aufgrund des Verkaufs, der die Punkte gewährt), so ist eine Verbindlichkeit zu bilden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in Deutschland diese Frage – auch für steuerliche Zwecke – behandelt, was in der Regel in engem Zusammenhang mit HGB steht. In einem Fall von 2019 (der 2022 vom BFH entschieden wurde) stellte das Gericht fest, dass bei einem Kundenbindungsprogramm, bei dem Punkte als Zahlungsmittel verwendet werden können, der wirtschaftliche Anspruch aus dem ursprünglichen Verkauf resultiert und deshalb bereits zu diesem Zeitpunkt erfasst werden muss. Obwohl die tatsächliche Einlösung später erfolgt, begründete das Gericht, dass die Erwirtschaftung der Punkte (und damit die Pflicht des Unternehmens) ursächlich mit dem ursprünglichen Verkauf verknüpft ist und daher in der Buchführung bereits angesetzt werden muss. Dies bedeutet, dass nach deutschem Recht eine Verbindlichkeit für Treuepunkte – basierend auf den erwarteten Einlösungsraten und dem Wert der zu gewährenden Vorteile – erfasst werden muss. Praktisch gesehen buchen deutsche Unternehmen also häufig eine Rückstellung für Kundenbindungsprogramme, wodurch der Gewinn im laufenden Jahr reduziert wird, während der entsprechende Umsatzanteil erst bei Einlösung in späteren Perioden realisiert wird. Bei Unternehmen, die zusätzlich nach IFRS berichten, wird in den IFRS-Abschlüssen der Ansatz von IFRS 15 verfolgt, der ebenfalls eine Abgrenzung des Umsatzes vorschreibt. Auch wenn HGB und IFRS – wirtschaftlich betrachtet – zum gleichen Ergebnis führen, erscheinen in IFRS-Bilanzen die Verbindlichkeiten als Vertragsschulden (Contract Liabilities), während HGB-Bilanzen eher Rückstellungen ausweisen.
Steuervorschriften:
Das deutsche Steuerrecht (EStG) orientiert sich im Allgemeinen an der HGB-Rechnungslegung, sofern nicht spezielle steuerliche Regelungen entgegenstehen. Der oben erwähnte BFH-Fall bestätigte, dass für steuerliche Zwecke eine Rückstellung für Treuepunkte zulässig ist (gemäß §5 Abs. 1 EStG in Verbindung mit §249 HGB). Die Finanzbehörden hatten zunächst argumentiert, dass die Verpflichtung zu unsicher sei, weil der Kunde die Punkte möglicherweise nie einlöst. Der BFH wies diese Argumentation jedoch zurück und stellte fest, dass die wirtschaftliche Ursache im ursprünglichen Verkauf liege und eine Rückstellung gerechtfertigt sei. Dies setzt einen Präzedenzfall, nach dem deutsche Unternehmen die geschätzten Kosten der Einlösung von Treuepunkten im Jahr der Ausgabe – und damit den Gewinn – mindern können. In der Praxis gleichen sich handelsrechtliche und steuerliche Bilanzen in Bezug auf die Erfassung der Verbindlichkeit weitgehend ab, sodass keine temporären Unterschiede oder latente Steuern in diesem Bereich entstehen. Zusätzlich gilt für die Mehrwertsteuer (MwSt.) in Deutschland – die im Wesentlichen den EU-Regeln entspricht – dass, wenn Treuepunkte zur Erzielung eines kostenfreien oder rabattierten Kaufs eingesetzt werden, der Besteuerungsgrundwert des Verkaufs reduziert wird. Wird ein Artikel beispielsweise durch einen 100%igen Rabatt abgelöst, kann dies als Nachlass gewertet werden, sofern der Rabatt an den ursprünglichen Verkauf gekoppelt ist. Allerdings kann es, wenn ein kostenfreies Produkt ohne Vorleistung abgegeben wird, zu einer Besteuerung des Kostenpreises kommen. Bei strukturierten Kundenbindungsprogrammen liegt in der Regel der Zusammenhang zu einem vorherigen Kauf vor, sodass der Preisnachlass zugrunde gelegt wird. Deutsche Unternehmen müssen zudem entsprechende Nachweise führen, um die korrekte Behandlung der Ausgangs-MwSt. zu dokumentieren. Verbraucherrechtlich gibt es in Deutschland kaum spezielle Vorschriften zu Ablauffristen bei Treueprogrammen – übliche Vertragsfristen (oft drei Jahre) gelten hier, sofern die Bedingungen transparent kommuniziert werden.
Rechtliche Betrachtung:
Die BFH-Entscheidung und weitere Finanzgerichtsurteile sind maßgeblich, da sie festlegen, dass Verbindlichkeiten aus Treueprogrammen anzusetzen sind. Ein früherer Fall, bei dem ein Friseursalon kostenfreie Servicegutscheine ausgab, führte zu einer abweichenden Behandlung – hier wurde keine Rückstellung gebildet. In einem Fall des Finanzgerichts Nürnberg (2019), der den BFH-Fall nach sich zog, wurde betont, dass bei einem personalisierten Treueprogramm (bei dem Kundendaten systematisch erfasst werden) die Verpflichtung des Unternehmens unzweifelhaft besteht. Dies ist mittlerweile die anerkannte Sichtweise: Unternehmen in Deutschland müssen für Kundenbindungsprogramme, die ein „Jetzt verdienen – später einlösen“-Prinzip anwenden, Rückstellungen bilden. Für E-Commerce-Unternehmen in Deutschland heißt dies, dass sie in ihren Bilanzen entsprechende Rückstellungen für ausgegebene Online-Gutscheine oder Kundenkreditbeträge ansetzen, um sowohl die Bilanz als auch die steuerliche Gewinnermittlung korrekt darzustellen. Hinsichtlich des Verbraucherschutzes erlaubt das deutsche Recht zwar Ablauffristen, doch müssen diese – gerade bei erbrachten Treueleistungen – transparent und fair sein.
Frankreich – Französische Rechnungslegung (Plan Comptable Général), IFRS und steuerliche Behandlung
Rechnungslegung (Französische GAAP & IFRS):
Die französischen Rechnungslegungsstandards (Plan Comptable Général) sowie IFRS (für börsennotierte Unternehmen) erfordern die Erfassung von Verpflichtungen aus Treueprogrammen. Nach dem französischen GAAP wird der Umsatzanteil, der einem zukünftigen kostenfreien oder rabattierten Leistungsversprechen entspricht, nicht sofort als Umsatz erfasst, sondern entweder abgegrenzt oder als Rückstellung (Provision) verbucht. Praktisch wenden französische Unternehmen – gestützt auf die frühere Anwendung von IFRIC 13 – den Ansatz an, bei dem ein Teil des Verkaufsbetrags den Treuepunkten zugeordnet und als „produits constatés d’avance“ (abgegrenzter Ertrag) oder als „provision pour avantages clients fidélisés“ ausgewiesen wird. Diese Vorgehensweise entspricht dem IFRS-Ansatz: Der ursprüngliche Verkauf, der die Punkte gewährt, beinhaltet eine Verpflichtung zur späteren Leistungserbringung, weshalb ein Teil der Gegenleistung abgegrenzt wird. IFRS 15, das nun in den Konzernabschlüssen Anwendung findet, sieht explizit vor, dass die Treuepunkte als Vertragsschuld (contract liability) zu bewerten sind. Beispielsweise wird bei einem französischen E-Commerce-Händler, der Gutschein-Codes oder Treuegutscheine mit jedem Kauf vergibt, ein Umsatzanteil, der dem geschätzten beizulegenden Zeitwert dieser Gutscheine entspricht (unter Berücksichtigung erwarteter Nicht-Einlösungen), abgegrenzt. In der Bilanz spiegelt sich dies als abgegrenzte Verbindlichkeit wider. Alternativ kann auch der Ansatz einer Rückstellung gewählt werden – der wirtschaftliche Effekt bleibt vergleichbar: Sowohl beim abgegrenzten Ertrag als auch bei einer Rückstellung wird die Verpflichtung gegenüber dem Kunden ausgewiesen, und der Umsatz wird erst bei Einlösung bzw. Ablauf realisiert. Die französischen Rechnungslegungsbehörden (Autorité des Normes Comptables) haben entsprechende Interpretationen herausgegeben, und da viele französische Unternehmen international nach IFRS berichten, prägt IFRS 15 den Ansatz maßgeblich.
Steuerliche Überlegungen:
Im französischen Steuersystem folgt die steuerliche Behandlung im Allgemeinen der buchhalterischen Erfassung, sofern nicht spezielle Vorschriften entgegenstehen. Ein Unternehmen, das einen Teil seines Umsatzes für Treuepunkte abgrenzt, verschiebt auch steuerlich den entsprechenden Ertrag in spätere Perioden. Alternativ, wenn eine Rückstellung für die zukünftigen Kosten der Prämien gebildet wird, ist diese Rückstellung in der Regel als Betriebsausgabe abzugsfähig – vorausgesetzt, sie erfüllt die Anforderungen des französischen Steuerrechts an Rückstellungen (z.B. objektiv begründet, verlässlich schätzbar und in engem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Jahres stehend). Die französischen Steuerbehörden akzeptieren in der Regel Rückstellungen für Treueprogramme, da diese als effektiver Preisnachlass betrachtet werden. Hinsichtlich der Mehrwertsteuer (TVA) folgen die Regeln dem EU-Rahmen: Wird ein Gutschein oder Treuepunkt zur Abwicklung eines Kaufs verwendet, reduziert sich der Bemessungsgrundlage des Verkaufsbetrags entsprechend. Wird beispielsweise ein Artikel ausschließlich mit Punkten erworben, wird dies als Kauf mit einem vollen Rabatt gewertet – die TVA wird entweder auf den ursprünglichen oder den angepassten Preis erhoben, je nach vertraglicher Ausgestaltung. In Fällen, in denen das Treueprogramm Drittfirmen einbezieht (wie etwa bei kooperativen Programmen), gelten Sonderregelungen zur TVA ähnlich wie in den UK-Fällen. Französische Gerichte haben sich auch mit Treueprogrammen befasst – etwa, ob das Vorsteuerabzugsrecht für Kosten im Zusammenhang mit Prämien gewährt wird. Meistens wird dem Unternehmen jedoch der volle Vorsteuerabzug zugestanden, da die Kosten als verkaufsfördernde Maßnahmen anerkannt werden.
Rechtlicher Rahmen:
Nach französischem Verbraucherrecht unterliegen Treuepunkte keinen spezifischen gesetzlichen Beschränkungen, sondern werden im Rahmen des allgemeinen Vertragsrechts und der Werberegulierung beurteilt. Falls ein E-Commerce-Unternehmen in Frankreich Guthaben anstelle einer Barauszahlung anbietet, schreibt das Gesetz vor, dass der Kunde klar über die Nutzungsbedingungen informiert wird – andernfalls kann der Kunde eine Barauszahlung einfordern. Treueprogramme müssen zudem sicherstellen, dass beworbene „kostenlose“ Prämien tatsächlich kostenlos erbracht werden – lediglich die erforderliche Punktezusammenstellung wird als Teilnahmebedingung angesehen. Französische Gerichte haben bereits Klauseln, die dem Unternehmen ein einseitiges Widerrufsrecht einräumen, teilweise für unwirksam erklärt – dies unterstreicht, dass erworbene Vorteile als vertragliche Verpflichtung gelten. Die allgemeine Verjährungsfrist (fünf Jahre für Handelsgeschäfte) kann als Obergrenze für die Geltendmachung alter Treueansprüche herangezogen werden. Insgesamt ist in Frankreich der Ansatz, dass nicht eingelöste Punkte (Breakage) als Ertrag zu erfassen sind, sobald die Gültigkeit abläuft, ohne dass diese Beträge anderweitig abgeführt werden müssen.
Andere europäische Jurisdiktionen
In weiteren europäischen Ländern ist die Behandlung von Guthaben und Treuepunkten weitgehend einheitlich, vor allem aufgrund der weit verbreiteten Anwendung von IFRS und der EU-Richtlinien:
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Anwendung von IFRS: Alle EU-Länder verlangen für die Konzernabschlüsse börsennotierter Unternehmen die Anwendung von IFRS. Daraus folgt, dass die Regelungen von IFRS 15 zur Erfassung von Treuepunkten als Vertragsschulden in Ländern wie den Niederlanden, Spanien oder Italien angewendet werden. Auch lokale Rechnungslegungsstandards – die mittlerweile häufig an IFRS 15 angepasst wurden – folgen diesem Prinzip. So verlangt beispielsweise das niederländische GAAP, dass der Umsatz erst dann realisiert wird, wenn die Leistung vollständig erbracht ist; sind Treuepunkte noch nicht eingelöst, erfolgt eine Abgrenzung. In Italien führen die OIC-Standards zu ähnlichen Ergebnissen, sodass viele Einzelhändler ihre Verbindlichkeiten in den Erläuterungen angeben.
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Mehrwertsteuer und EU-Recht: Die EU-Voucher-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2016/1065, in Kraft getreten 2019) harmonisiert die Mehrwertsteuerbehandlung von Gutscheinen. Ein Treuepunkt oder Guthaben, das für den Erwerb verschiedener Waren einlösbar ist, wird in der Regel als Mehrzweckgutschein klassifiziert – die TVA wird somit erst bei Einlösung und tatsächlicher Warenlieferung fällig. Diese Richtlinie stellt sicher, dass beim Verkauf einer Geschenkkarte durch eine E-Commerce-Plattform zunächst keine TVA anfällt; diese wird erst beim tatsächlichen Gebrauch des Gutscheins erhoben. Falls der Gutschein auf einen spezifischen Gegenstand mit bekannter TVA angewendet wird, könnte er als „Einzweckgutschein“ behandelt werden, der bereits beim Verkauf besteuert wird – Treueprogramme werden aber meist als Mehrzweckgutscheine eingestuft. Somit führt in den meisten EU-Ländern die Ausgabe von Treuepunkten nicht zu einer TVA-Verpflichtung, sondern erst die Einlösung löst die Besteuerung des Verkaufs aus. Sollte ein Drittanbieter involviert sein, können interne Zahlungen zwischen Unternehmen zu abweichender TVA-Behandlung führen (wie in den UK-Fällen erläutert).
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Körperschaftsteuer: In den meisten europäischen Ländern orientiert sich die steuerliche Abzugsfähigkeit von Treuepunktverpflichtungen an der Rechnungslegung. Länder wie die Niederlande oder Belgien erlauben Rückstellungen für Kundenboni, sofern eine rechtliche oder faktische Verpflichtung besteht. In Italien und Spanien werden die Kosten der Treueprogramme üblicherweise im Laufe des Jahres als Aufwand abgezogen, während der abgegrenzte Umsatz erst bei Einlösung als Ertrag gilt. Unterschiede können jedoch bestehen, etwa wenn ein Land die Rückstellung in einem bestimmten Umfang nicht anerkennt – hier kann es zu temporären Differenzen kommen, die zu latenten Steuern führen. Europäische Steuersysteme stimmen in der Regel mit den Rechnungslegungsstandards überein.
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Weitere Regulierungen: Einige Länder haben spezifische Verbraucherschutzgesetze für Geschenkkarten – etwa in Spanien, wo Mindestlaufzeiten gesetzlich vorgeschrieben sein können. Treuepunkte, die kostenlos vergeben werden, unterliegen meist nicht solchen Vorschriften. Die EU-Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken schreibt jedoch vor, dass alle Bedingungen (z.B. Punktablauf oder Nutzungseinschränkungen) klar kommuniziert werden müssen. Sollte ein Treueprogramm so gestaltet sein, dass die Punkte als bargeldäquivalent und übertragbar gelten, könnten zusätzliche finanzregulatorische Anforderungen (z.B. eine E-Geld-Lizenz) relevant werden. Die meisten Einzelhändler vermeiden dies, indem sie die Verwendung der Punkte auf den eigenen Vertrieb oder ausgewählte Partner beschränken.
Zusammengefasst gelten in den meisten europäischen Jurisdiktionen ähnliche Prinzipien: Nicht eingelöste Guthaben und Treuepunkte werden als Verbindlichkeit verbucht und erst bei Einlösung bzw. Ablauf als Umsatz erfasst. Steuerliche und TVA-Regelungen spiegeln in der Regel dieses wirtschaftliche Prinzip wider.
2. Finanzberichterstattung und Rechnungslegungsstandards
IFRS vs. U.S. GAAP – Behandlung von Treuepunkten und Guthaben
IFRS (International) – Abgrenzungsansatz:
IFRS schreibt vor, dass Kundenbindungsprogramme und vorausbezahlte Guthaben als abgegrenzter Umsatz (Vertragsschuld) zu erfassen sind. IFRS 15 (Revenue from Contracts with Customers) betrachtet Treuepunkte als eine Leistungspflicht, die durch den Verkauf eines materiellen Rechts entsteht – der Kunde erhält ein zusätzliches, ohne den Verkauf, gewährenes Recht. Daher muss der anfängliche Verkaufspreis so aufgeteilt werden, dass der Teil, der auf die Punkte entfällt, als Verbindlichkeit erfasst wird. Die buchhalterischen Schritte unter IFRS lauten:
- Ermittlung des beizulegenden Zeitwerts: Zum Zeitpunkt des Verkaufs wird der beizulegende Einzelverkaufspreis der Treuepunkte geschätzt – häufig unter Berücksichtigung von Einlösungswahrscheinlichkeiten (Breakage).
- Aufteilung des Transaktionspreises: Der Transaktionspreis wird proportional zwischen dem gelieferten Produkt und den Treuepunkten aufgeteilt. Der entsprechende Umsatzanteil für die Punkte wird als Vertragsschuld in der Bilanz ausgewiesen.
- Umsatzerfassung bei Einlösung: Erst bei Einlösung (oder bei Ablauf) wird der abgegrenzte Umsatz in der Gewinn- und Verlustrechnung realisiert.
Gemäß IFRS 15 können nicht eingelöste Punkte (Breakage) anteilig als Umsatz erfasst werden, basierend auf dem Einlöseverhalten der Kunden. Bei Geschenkkarten, die als Guthaben fungieren, wird ähnlich verfahren: Das Guthaben wird zunächst als Verbindlichkeit erfasst und erst bei tatsächlicher Waren- oder Dienstleistungslieferung als Umsatz realisiert.
U.S. GAAP – ASC 606-Konvergenz:
U.S. GAAP, speziell ASC 606, folgt weitgehend dem gleichen Prinzip wie IFRS 15. Hier wird ein Treuepunkt als eine separate Leistungspflicht (material right) identifiziert, sofern der Punkt einen wesentlichen Zusatznutzen bietet, den der Kunde ohne den ursprünglichen Kauf nicht erhalten würde. Die Schritte lauten:
- Identifikation der Leistungspflicht: Die Treuepunkte oder Guthaben werden als eigenständige Verpflichtung erfasst, sofern sie einen wesentlichen Vorteil bieten.
- Bestimmung des Einzelverkaufspreises: Hier erfolgt häufig eine Anpassung anhand der erwarteten Einlösungsrate (Breakage).
- Aufteilung und Abgrenzung: Ein Anteil des ursprünglichen Verkaufspreises wird den Punkten zugeordnet und als Verbindlichkeit (z.B. „Deferred Revenue“) in der Bilanz ausgewiesen.
- Umsatzerfassung: Bei Einlösung oder Ablauf wird der abgegrenzte Betrag als Umsatz erfasst. Auch nicht eingelöste Punkte werden systematisch in den Umsatz übernommen, in dem Verhältnis, wie sie historisch eingelöst wurden.
Beide Standards – IFRS und GAAP – führen dazu, dass un eingelöste Treuepunkte bzw. Guthaben als Verbindlichkeit in der Bilanz erscheinen. Der Hauptunterschied war historisch, dass IFRS (via IFRIC 13) diesen Ansatz bereits früher anwendete, während U.S. GAAP vor ASC 606 teilweise alternative Methoden verwendete. Heute sind beide Standards weitgehend konvergiert.
Verbindlichkeit vs. Zeitpunkt der Umsatzerfassung:
Sowohl IFRS als auch GAAP bewirken, dass bei der Ausgabe von Guthaben oder Treuepunkten zunächst eine Verbindlichkeit auf der Bilanz entsteht, da der zugrundeliegende Umsatz erst bei Einlösung oder Ablauf der Punkte realisiert wird. Dies stellt sicher, dass die Gewinn- und Verlustrechnung erst dann den tatsächlichen, verdienten Umsatz widerspiegelt, wenn die vertragliche Verpflichtung erfüllt ist. Für E-Commerce-Unternehmen bedeutet dies häufig, dass ein erheblicher Anteil der Umsätze als abgegrenzter Umsatz in der Bilanz erscheint – ein Signal für zukünftige Leistungsansprüche.
Fallstudien in der Finanzberichterstattung
- Starbucks (USA) – Treuepunkte und Guthabenkarten:
Starbucks betreibt ein umfangreiches Treueprogramm („My Starbucks Rewards“), bei dem Kunden durch das Sammeln von „Stars“ kostenfreie Getränke oder Speisen erhalten. In den SEC-Berichten wird erläutert, dass Starbucks für jeden verdienten Star einen Teil des Umsatzes abgrenzt – basierend auf dem geschätzten Zeitwert der später kostenfreien Leistung (unter Berücksichtigung von Breakage). Zudem weist Starbucks auf der Bilanz eine große Verbindlichkeit aus, die die angesammelten Guthaben aus gespeicherten Wertkarten (über 1 Milliarde US-Dollar) widerspiegelt. Bei Einlösung wird der entsprechende Umsatz realisiert. Dieser Fall zeigt, wie bedeutend diese Verbindlichkeiten sein können und wie Breakage-Einkünfte (nicht eingelöste Guthaben) behandelt werden. - Amazon (USA) – Geschenkkarten und Promotion-Credits:
Amazon bietet neben Geschenkkarten auch diverse Aktionsguthaben (z.B. bei Kundenservice-Kompensation) an. Diese werden als abgegrenzter Umsatz erfasst und erst bei Einlösung aufgelöst. In den SEC-Filings wird darauf hingewiesen, dass gemäß ASC 606 auch Breakage-Umsätze (nicht eingelöste Guthaben) zeitlich vorgezogen werden können. Amazon fasst Guthaben als „ungewährte Einnahmen“ zusammen, wodurch Investoren den zukünftigen Umsatz erkennen können. - Tesco (UK) – Clubcard-Treueprogramm:
Tesco, ein führender britischer Einzelhändler, führt sein Clubcard-Programm in den Finanzberichten als abgegrenzte Verbindlichkeit. Durch die Zuweisung eines Teils des Verkaufserlöses zu den ausgegebenen Treuepunkten wird der Umsatz später realisiert, wenn Kunden die Punkte einlösen. Ein bedeutender Rechtsfall betraf die Mehrwertsteuerbehandlung des Clubcard-Systems, bei dem das Urteil des UK Upper Tribunal die Vorgehensweise bestätigte. - Zalando (Deutschland/EU) – E-Commerce im Modebereich:
Zalando vergibt Store Credits (z.B. bei Retouren) und Gutschein-Codes. Als deutsches Unternehmen, das auch nach IFRS berichtet, erfasst Zalando solche Guthaben als Vertragsschulden. Die Bilanz weist entsprechende „abgegrenzte Umsatzerlöse“ aus, was die Einhaltung sowohl deutscher als auch internationaler Rechnungslegungsstandards sicherstellt. - Airline-/Hotel-Treueprogramme:
Auch in Branchen wie Luftfahrt und Hotellerie werden große Beträge als abgegrenzter Umsatz verbucht. Beispielsweise berichtet Lufthansa (nach IFRS und HGB) beträchtliche Vertragsschulden für nicht eingelöste Miles & More-Punkte, die erst bei Einlösung in den Umsatz übergehen. Dies unterstreicht, dass der Grundsatz – Treuepunkte als Verbindlichkeit zu behandeln – branchenübergreifend Anwendung findet. - Macy’s (USA):
Macy’s weist in den SEC-Filings Rückstellungen für zukünftige Einlösungen von Gutscheinen aus und war zudem in Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Behandlung nicht abgeholter Guthaben (Unclaimed Property) involviert. Der Fall illustriert, wie wichtig es ist, die gesetzlichen Vorschriften der jeweiligen US-Bundesstaaten zu beachten. - Zappos (USA):
Zappos, ein Online-Schuhhändler, sah sich 2012 nach einem Datenleck damit konfrontiert, dass kleine Guthaben (unter 10 US-Dollar) ungültig erklärt wurden. Dies führte zu einer Sammelklage, da Kunden diese Guthaben als ihr Eigentum ansahen. Der Fall zeigt, wie sensible Kundenbeziehungen und rechtliche Risiken bei der Verwaltung von Kundenkrediten ineinandergreifen.
(Die oben genannten Fallstudien basieren auf Unternehmensberichten, SEC-Filings und gerichtlichen Entscheidungen, die die jeweilige Behandlung von Treuepunkten und Geschenkkarten verdeutlichen.)
3. Steuer- und Regulatorische Überlegungen
Mehrwertsteuer (VAT) in der EU
VAT bei Einlösung vs. Ausgabe:
In der Europäischen Union wird die Mehrwertsteuer (VAT) im Regelfall nicht bei der Ausgabe von Treuepunkten oder Guthaben erhoben, sondern erst bei der Einlösung, wenn die Ware oder Dienstleistung tatsächlich bereitgestellt wird. Dies folgt dem Grundsatz, dass die Mehrwertsteuer eine Verbrauchssteuer ist. Ein Treuepunkt allein stellt noch kein konsumiertes Gut dar, sondern ein zukünftiges Recht auf einen Rabatt. Nach der EU-Voucher-Richtlinie (Council Directive (EU) 2016/1065) werden Treuepunkte bzw. Guthaben, die in verschiedene Waren/Dienstleistungen einlösbar sind, in der Regel als Mehrzweckgutscheine klassifiziert. Das bedeutet, dass erst bei Einlösung – wenn der tatsächliche Kauf erfolgt – Mehrwertsteuer anfällt. Wird ein Gutschein oder Treuepunkt zur Reduktion des Verkaufspreises eingesetzt, mindert dies den steuerpflichtigen Betrag, da die Steuer auf den Nettobetrag (ohne den durch die Punkte finanzierten Anteil) erhoben wird.
Beispiele und komplexe Fälle:
Komplexität entsteht bei Programmen, die Drittfirmen einbeziehen. So illustriert der Tesco Clubcard-Fall, dass bei Einlösung in Kooperation mit Partnerunternehmen die Frage relevant wird, ob Zahlungen an Partner als Entgelt für eine Dienstleistung (und damit mehrwertsteuerlich abziehbar) oder als Bestandteil eines rabattierten Kaufs zu behandeln sind. Ein ähnlicher Fall betraf Marriott, bei dem Zahlungen an Hotels für kostenfreie Aufenthalte Gegenstand der Mehrwertsteuerdebatte waren. Für E-Commerce-Unternehmen, die ein eigenes Treueprogramm betreiben, ist die Behandlung in der Regel einfacher: Punkte wirken wie ein Rabatt und reduzieren den steuerpflichtigen Verkaufspreis.
Dokumentation und Compliance:
E-Commerce-Unternehmen müssen ihre internen Systeme so einrichten, dass sie den Zeitpunkt der Einlösung, den jeweiligen Mehrwertsteuersatz und den Nettopreis korrekt erfassen. Dies gilt insbesondere bei grenzüberschreitenden Transaktionen innerhalb der EU. Zudem kann die ordnungsgemäße Klassifizierung der Treuepunkte als Mehrzweckgutschein gegenüber den Steuerbehörden nachgewiesen werden, um spätere Nachforderungen zu vermeiden.
Umsatzsteuerüberlegungen in den USA
Im Vergleich zu Europa hat das US-amerikanische System der Umsatzsteuer (Sales Tax) andere Charakteristika:
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Geschenkkarten/Store Credits:
Der Verkauf von Geschenkkarten unterliegt in der Regel keiner Umsatzsteuer, da diese als Zahlungsmittel (bargeldäquivalent) gelten. Umsatzsteuer wird erst bei der tatsächlichen Nutzung der Geschenkkarte zur Bezahlung eines Kaufs fällig. Dabei wird die Steuer auf den ursprünglichen Kaufpreis (ohne Abzug der Geschenkkarte) berechnet. -
Treuepunkte als Rabatte:
Treuepunkte werden meist als rabattähnliche Abzüge behandelt. Bei Einlösung reduziert der Punktewert den zu versteuernden Nettopreis. Bei einer Einlösung, die einen Rabatt von beispielsweise 10 $ auf einen 50 $-Kauf bewirkt, wird die Umsatzsteuer auf 40 $ berechnet. -
Kostenlose Prämien:
Werden in Treueprogrammen kostenlose Artikel angeboten (z.B. „Kaufe 10, erhalte 1 gratis“), kann dies je nach Bundesstaat unterschiedlich behandelt werden. Einige Staaten betrachten den Gratisartikel als Bestandteil eines rabattierten Kaufpreises, während andere besondere Regelungen für Werbegeschenke vorsehen. Ein Beispiel aus Texas zeigt, dass Gratisartikel meist als integraler Bestandteil eines Rabatts gewertet werden. -
Administrative Aspekte:
Die IT-Systeme von E-Commerce-Unternehmen müssen in der Lage sein, den jeweiligen Steuersatz des Lieferorts (State/Local) korrekt anzuwenden, und dabei zwischen Gutscheinen (Zahlungsmittel) und Rabatten (Preisminderungen) zu unterscheiden.
Auswirkungen auf die Körperschaftsteuer
Zeitliche Abstimmung von Erträgen und Ausgaben:
Sowohl in den USA als auch in Europa können Treueprogramme den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung beeinflussen. Bei der Periodenabgrenzung werden die Umsatzerlöse für Treuepunkte erst bei Einlösung realisiert, was auch steuerlich berücksichtigt wird. In den USA gestatten spezifische Regelungen (z.B. Aufschub von Vorauszahlungen) die Abstimmung zwischen Buchgewinn und steuerpflichtigem Einkommen.
In Europa folgt man im Allgemeinen dem Prinzip, dass, wenn der Umsatz in der Buchhaltung abgegrenzt wird, dieser auch steuerlich erst später erfasst wird. Abweichungen können zu temporären Differenzen führen, die latente Steuern auslösen. Zudem ist der Ansatz von Breakage-Einkünften – also die Erfassung von nicht eingelösten Guthaben – für beide Systeme relevant.
Weitere regulatorische Überlegungen
Neben Rechnungslegung und Steuern müssen E-Commerce-Unternehmen auch folgende Punkte beachten:
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Verbraucherschutz und Geschenkkarten-Gesetze:
In einigen US-Bundesstaaten gibt es spezifische Gesetze, die beispielsweise Mindestlaufzeiten für Geschenkkarten vorschreiben (z.B. mindestens fünf Jahre, teilweise sogar ohne Ablaufdatum). Treuepunkte, die als reine Werbemaßnahme gelten, sind hiervon in der Regel ausgenommen. Bei Store Credits, die als Rückerstattung anstelle von Bargeld erfolgen, müssen jedoch häufig die gesetzlichen Vorgaben beachtet werden. -
Unclaimed Property (Nicht abgeholte Vermögenswerte):
US-Bundesstaaten haben häufig Gesetze, wonach nicht eingelöste Guthaben nach einer bestimmten Frist (oft 3–5 Jahre) an den Staat abgeführt werden müssen. Treuepunkte werden hier meist nicht als Eigentum des Kunden betrachtet, während Store Credits, die auf Rückerstattungen beruhen, oft darunter fallen. -
Finanzdienstleistungsrechtliche Aspekte:
Wenn ein Treueprogramm derart ausgelegt ist, dass die Punkte als bargeldähnliches Zahlungsmittel gelten, könnten zusätzliche finanzregulatorische Anforderungen (z.B. eine E-Geld-Lizenz) greifen. Die meisten E-Commerce-Programme vermeiden dies durch entsprechende Einschränkungen in den Teilnahmebedingungen. -
Offenlegung in der Finanzberichterstattung:
Öffentliche Unternehmen müssen signifikante Treueverbindlichkeiten in den Erläuterungen zu ihren Abschlüssen offenlegen. Sowohl ASC 606 als auch IFRS 15 verlangen qualitative und quantitative Angaben zu den Leistungspflichten, was Investoren einen Einblick in zukünftige Umsatzerlöse gibt. -
Kundenklagen:
Es kam bereits zu Sammelklagen, wenn Unternehmen Treuepunkte einseitig abwerteten oder ohne Vorankündigung einlösten – was auch zu Reputationsschäden führen kann. Daher ist eine klare, rechtlich abgesicherte Formulierung der Programmbedingungen unerlässlich.
4. Fallstudien & Referenzen
Um die theoretischen Aspekte zu untermauern, folgen hier einige reale Beispiele:
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Starbucks Corporation (USA):
Das „My Starbucks Rewards“-Programm erlaubt Kunden, „Stars“ zu sammeln, die später in kostenfreie Getränke oder Speisen umgewandelt werden können. In den SEC-Berichten wird erläutert, dass Starbucks den entsprechenden Umsatz abgrenzt – basierend auf den erwarteten Einlösungswerten und Breakage-Einschätzungen. Breakage-Einkünfte werden bei Unwahrscheinlichkeit der Einlösung erfasst. -
Amazon.com, Inc. (USA):
Amazon bietet neben Geschenkkarten auch verschiedene Aktionsguthaben an, die als abgegrenzter Umsatz in den SEC-Filings ausgewiesen werden. Die Umstellung auf ASC 606 führte dazu, dass auch Breakage-Einkünfte vorzeitig in den Nettoumsatz aufgenommen werden. -
Tesco PLC (UK):
Tesco weist in seinen Finanzberichten den Wert nicht eingelöster Clubcard-Punkte als abgegrenzte Verbindlichkeit aus. Rechtsstreitigkeiten, etwa zur Mehrwertsteuerbehandlung in Kooperation mit Partnern, haben die Anwendung von IFRS 15 untermauert. -
Air France-KLM (Frankreich/Niederlande):
Nach IFRIC 13 hat Air France-KLM die Rechnungslegung für das „Flying Blue“-Programm umgestellt. Dabei werden Treuepunkte als abgegrenzter Umsatz verbucht, was zu einer einmaligen Korrektur im Eigenkapital führte und laufend die zukünftigen Einlösungsverpflichtungen darstellt. -
Macy’s, Inc. (USA):
Macy’s erfasst Rückstellungen für zukünftige Einlösungen von Gutscheinen und war in Rechtsstreitigkeiten bezüglich der Behandlung nicht abgeholter Guthaben verwickelt – ein Fall, der zeigt, wie wichtig die Einhaltung staatlicher Vorschriften ist. -
Zappos.com (USA):
Nach einem Datenleck erklärte Zappos Guthaben unter einem bestimmten Betrag für ungültig, was zu einer Sammelklage führte. Dies unterstreicht, dass Kunden Treuepunkte als ihr Eigentum ansehen und eine einseitige Änderung der Bedingungen rechtliche Risiken birgt.
(Die genannten Referenzen stammen aus Unternehmensberichten, SEC-Filings, gerichtlichen Entscheidungen und Fachpublikationen.)
5. Vergleichende Zusammenfassung und Best Practices
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den USA und Europa
Konvergenz in der Rechnungslegung:
Dank ASC 606 und IFRS 15 wird der Grundsatz, dass Treuepunkte und Guthaben als abgegrenzter Umsatz (Vertragsschuld) erfasst werden, weltweit angewendet. Während IFRS diesen Ansatz bereits seit 2008 (über IFRIC 13) verfolgt, wurde er in den USA erst mit ASC 606 flächendeckend umgesetzt. Somit erscheinen in den Bilanzen von US-amerikanischen und europäischen Unternehmen ähnliche Verbindlichkeiten, wenn beispielsweise 1 Mio. US-Dollar an Guthaben ausstehen.
Lokale Unterschiede:
Einige Nuancen ergeben sich durch lokale Rechnungslegungsstandards – beispielsweise werden in Deutschland nach HGB oft Rückstellungen (Rückstellungen) gebildet, während IFRS von Vertragsschulden spricht. Die Nettowirkung auf das Ergebnis ist ähnlich, jedoch weichen die Darstellungsformen voneinander ab. Im UK können kleinere Unternehmen FRS 102 anwenden, das im Wesentlichen mit IFRS 15 übereinstimmt. Französische GAAP stimmen meist mit IFRS überein.
Offenlegung und Steuerliche Behandlung:
Beide Systeme verlangen die Offenlegung von Treueverbindlichkeiten. In den USA wird bei der Körperschaftsteuer häufig das Prinzip der Aufschiebung von Vorauszahlungen angewendet, während europäische Länder meist die Buchhaltungsvorgaben übernehmen. Bei der indirekten Steuer (Umsatzsteuer vs. Mehrwertsteuer) gibt es Unterschiede: In der EU erfolgt die Steuererhebung erst bei Einlösung, während in den USA Geschenkkarten erst bei Verwendung besteuert werden – während Treuepunkte als rabattähnlich wirken.
Rechtliche Rahmenbedingungen:
Verbraucherschutzgesetze im EU-Raum tendieren dazu, transparente und faire Bedingungen zu verlangen, wohingegen in den USA vor allem die Einhaltung staatlicher Vorgaben (wie etwa bei Geschenkkarten) im Vordergrund steht. Gerichtliche Präzedenzfälle in beiden Regionen betonen jedoch, dass Treuepunkte als vertragliche Verpflichtung zu behandeln sind.
Bilanzielle Auswirkungen:
In beiden Regionen führen Guthaben und Treuepunkte zu erheblichen Verbindlichkeiten in der Bilanz. Investoren achten darauf, da diese Verbindlichkeiten zukünftige Umsätze widerspiegeln. Die Unterschiede liegen meist in der Detaillierung der Offenlegung und der zeitlichen Abstimmung der Umsatzrealisierung.
Best Practices für E-Commerce-Unternehmen
Um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten und gleichzeitig die Vorteile von Treueprogrammen zu nutzen, sollten E-Commerce-Unternehmen folgende Best Practices berücksichtigen:
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Robuste Tracking-Systeme implementieren:
Erfassen Sie die Ausgabe und Einlösung von Guthaben und Treuepunkten detailliert in einem eigenen Sub-Ledger, um buchhalterische und steuerliche Vorgaben einzuhalten. -
Klare Rechnungslegungsrichtlinien festlegen:
Dokumentieren Sie, wie der beizulegende Zeitwert der Treuepunkte ermittelt wird und wie Breakage geschätzt wird. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen sind hierbei unerlässlich. -
Einhalten von ASC 606/IFRS 15:
Schulen Sie das Buchhaltungsteam darin, Leistungspflichten in Verträgen zu identifizieren und den Umsatzanteil korrekt aufzuteilen – beispielsweise bei Angeboten wie „Erhalten Sie 20 $ Rabatt bei einem 100 $-Kauf“. -
Steuerliche Abstimmung sicherstellen:
Stimmen Sie die steuerliche Behandlung (z.B. Aufschub von Vorauszahlungen in den USA) mit den buchhalterischen Maßnahmen ab. Halten Sie alle relevanten Dokumentationen und gerichtlichen Entscheidungen bereit. -
Konfiguration von Umsatz-/Mehrwertsteuer:
Richten Sie Ihre IT-Systeme so ein, dass sie den richtigen Steuersatz anwenden – unter Unterscheidung zwischen Gutscheinen (Zahlungsmittel) und Treuepunkten (Rabatte) sowie länderspezifische Vorschriften berücksichtigen. -
Ablauf- und Breakage-Richtlinien:
Legen Sie angemessene Ablauffristen fest, kommunizieren Sie diese transparent an die Kunden und nutzen Sie bei Nicht-Einlösung auch Marketing-Maßnahmen, um die Aktivierung zu fördern. -
Rechtliche Prüfung der Teilnahmebedingungen:
Lassen Sie Ihre Programmbedingungen von einem Juristen überprüfen, um sicherzustellen, dass sie den jeweiligen nationalen Verbraucherschutzvorschriften entsprechen und Missverständnisse vermeiden. -
Regulatorische Entwicklungen überwachen:
Bleiben Sie informiert über Änderungen in der Rechnungslegung, Steuerrecht und Verbraucherrecht, um Ihre Programme und Buchhaltungssysteme bei Bedarf anzupassen.
Durch die Befolgung dieser Best Practices können E-Commerce-Unternehmen sicherstellen, dass sie sowohl rechtlich als auch buchhalterisch konform agieren – was zu einer korrekten Bilanzierung der ausstehenden Verbindlichkeiten führt und letztlich den langfristigen Geschäftserfolg unterstützt.
6. Fazit: Balance zwischen Kundenbindung und finanzieller Compliance
Guthaben und Treuepunkte bieten Unternehmen eine Möglichkeit, die Kundenbindung zu erhöhen und zusätzliche Verkäufe zu generieren. Gleichzeitig schaffen sie vertragliche Verpflichtungen, die in der Bilanz als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden und erst bei Einlösung als Umsatz realisiert werden. Sowohl U.S. GAAP als auch IFRS fordern diese Vorgehensweise, um eine Überbewertung der Umsätze zu vermeiden.
Jurisdiktionell gibt es Unterschiede – etwa in der steuerlichen Behandlung oder bei spezifischen Verbraucher- und Mehrwertsteuervorschriften –, doch das grundlegende Prinzip bleibt weltweit bestehen: Ein nicht eingelöster Treuepunkt oder Guthaben stellt eine zukünftige Leistungspflicht dar, die den Gewinn erst bei Erfüllung realisiert. Für E-Commerce-Unternehmen ist es daher essenziell, transparente und konforme Systeme zu implementieren, um sowohl die Kundenbeziehung zu stärken als auch die finanziellen und steuerlichen Vorgaben einzuhalten.
Quellenangaben und Referenzen:
- Financial Accounting Standards Board, ASC 606 – Revenue from Contracts with Customers, insbesondere Hinweise zu wesentlichen Rechten (606-10-55-42) und Treueprogramm-Beispielen.
- International Accounting Standards Board, IFRS 15 – Revenue from Contracts with Customers sowie frühere IFRIC 13 – Customer Loyalty Programmes (nun ersetzt).
- Branchenpublikationen (z.B. von BDO USA und Grant Thornton) zur Auswirkung von ASC 606 auf Treueprogramme.
- SEC-Filings und Korrespondenzschreiben von Unternehmen wie Starbucks, Amazon und Macy’s.
- HMRC-Richtlinien (VAT Notice 700/7) zu Business Promotions im UK.
- Gerichtliche Entscheidungen im UK (Tesco Clubcard-Fälle, Marriott Rewards vs. HMRC).
- Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) in Deutschland zu Rückstellungen für Treueprogramme.
- Fachpublikationen zur Umsatzsteuerbehandlung von Treueprogrammen in den USA und Europa (Alston & Bird LLP, Tax Analysts).